Das Katerchen und ich ...

Heute möchte ich einmal versuchen meine Gedanken zu unserem Katerchen aufzuschreiben...

Vor über 5 Jahren kam mein Andi immer öfter mit dem Wunsch, er möchte gerne ein Katerchen. Wir hatten ja bereits die Ronja - eine Berner Sennenhündin - und irgendwie sollte auch ein Katerchen hierher gehören.

Ich persönlich wollte eigentlich keine Katze, denn ich hatte noch gut die Katzenhaare in Nachbars Neubauwohnung in Erinnerung.
Aber irgendwann habe ich mich breitschlagen lassen und angefangen jemanden zu suchen der ein Kätzchen abgeben möchte.

Eine Kollegin hatte eine Nachbarin und dort gab es gerade Katzenjunge, also habe ich meinen Mann angerufen und die Adresse vermittelt.
Er und unsere Cindy sind sofort losgefahren und haben sich die Kätzchen angesehen und natürlich kamen sie auch mit einem Winzling im August 2000 nach Hause.
Katzenbabys sind süß ohne Ende und man verliert schon beim ersten Anblick alle Bedenken, die sich bis dahin aufgebaut hatten.

Unser Katerchen war schon ein "Chef" auf seinem Hof und so sollte er diesen Namen auch gleich tragen.
Es war spannend zu sehen welche Fortschritte er in den nächsten Wochen und Monaten machte. Das Zusammenleben mit unserer Ronja, die Freude darüber wenn er endlich sein Geschäftchen in das dafür bereitgestellte Katzenklo machte, die vielen kleinen Versuche ihm zu zeigen, was er durfte und was nicht...

Das Katerchen war sicher eine Woche zu früh zu uns gekommen, denn es nuckelte ohne Ende am T-Shirt meines Mannes, wenn es sich am Abend gemütlich auf dessen Bauch nieder lies.
Das hat sich auch im Laufe der Jahre nicht gegeben, es war für ihn einfach eine beruhigende Geste und für uns ein Zeichen das er sich hier daheim und sicher fühlte.

Ein Kater ist kein Hund, er hat seinen eigenen Willen, den er auch immer wieder zur Schau stellte. Wir wussten das er auf dem Küchentisch spazieren ging, wenn wir nicht daheim waren. Und so manche Wurst holte er vom Fenstergriff, die dort zum trocknen hing um sie anzuknabbern.

Seine beste Freundin aber hier im Haus war unsere Ronja, mit ihr ist er aufgewachsen, mit ihr hat er gespielt und manchmal gab es Bilder für uns, die wir ganz still genossen und die niemand glaubt, der es nicht selber erlebt hat.

Die Beiden kämpften miteinander, das man dachte der Kater kratz dem Hund die Augen aus oder der kleine Kopf verschwindet völlig im Maul des Hundes, aber niemals war auch nur die kleinste Verletzung entstanden. Es waren einfach zwei Tiere die sich trotz aller Reden wie: "Hund und Katze verstehen sich nicht" - die besten Freunde waren.

Unser Chef war kein Stubentiger, er lebte sein Leben wie es Katzen in freier Natur auch tun und streunte durch die Gegend in der Nacht und am Tag lag er hier im Haus und schlief bis zum späten Nachmittag um dann wieder auf Jagt zu gehen.
So manche Maus brachte er seinen "Menschen" zum Geschenk, denn die konnten das ja nicht selber und so rannte schon manchmal ein Mäuschen durch die geöffnete Terrassentür in unser Wohnzimmer und er fand es völlig komisch, das sein Frauchen dann kreischend auf dem Sofa lag und sein Herrchen mit Besen und Zange bewaffnet das Tierchen wieder einfangen musste.

Wenn er leise schnurrend um meine Beine strich weil er wusste, gleich gibt es Futter, dann war das immer wieder ein unglaublicher Moment.
Ich habe viel gelesen und ja es stimmt, Katzen haben die Gabe eine unglaubliche Ruhe in den Menschen zu bringen. wenn er sich schnurrend auf dich legt dann wirst du ruhig mit der Zeit, egal wie hektisch der Tag war.

Am meisten hat mich dabei fasziniert, das der Chef immer zu seinem Herrchen kam und dort Platz nahm, aber wenn ich dalag und hatte z.B. Rückenschmerzen, dann kam er und legte sich genau auf die Stelle und begann mit seinen schnurrenden Heilungskräften.
Ich habe auch gelesen, das Katzen durch dieses Schnurren Knochenbrüche schneller heilen lassen.

Katzen sind Einzelgänger, aber es war immer ein spannendes Bild wenn der Großvater mit der Ronja "Gassi" ging und der Chef lief hinterher.
So hat er von ihr gelernt wenn ein Auto kam, sich schnell an den Straßenrand zu setzen und er lief erst weiter wenn der Hund seinen Weg fortsetzte.

Als im letzten Jahr die Amie zu uns kam, hatte ich einmal folgendes Erlebnis. Ich lief mit der Kleinen an der Leine unseren gewohnten Weg in den Wald, hinterher trottete die Ronja mit gemütlichem Schritt, da rief ein Nachbar vom Balkon, das dies ein lustiger Anblick wäre und ich antwortete ihm, er solle noch zwei Minuten warten, es kommt noch besser und dann dachte ich er fällt vor lachen vom Balkon, denn da kam natürlich auch noch der Chef hinterher...

Dieses Bild bot sich fast täglich. Wir mussten nur dabei aufpassen, das das Katerchen nicht unlustig wurde, denn dann blieb es einfach an einer Stelle sitzen und lief weder weiter noch zurück ... So hat er mal eine ganze Nacht am Waldrand zugebracht bis der Großvater am nächsten Morgen wieder dort vorbei kam.

Ein Katerchen ist ein stolzes Tier, so kam es schon vor, das er mit uns eingeschnappt war, wenn wir ein Wochenende verreist waren, klar kam er sofort angelaufen wenn das Auto auf den Hof fuhr, aber lief wieder stolz davon, wenn wir ihn streicheln wollten.

Als dann die Amie letzten Mai hier einzog, da war er zuerst gar nicht erfreut. 3 Tage blieb er uns fern und 3 Wochen hat es gedauert bis er sich an sie gewöhnt hatte. Mein Mann war in der Zeit ziemlich am Ende. Sein Katerchen - und es flüchtete jedes Mal wenn die Amie zu ungestüm anfing zu toben und in ihrer unbändigen Spiellaune natürlich den Kater verbellte.

Der Hund wedelt mit dem Schwanz um seine Freude zum Ausdruck zu bringen - der Kater aber wedelt um zu zeigen das ihm nicht gefällt was da los ist.
Die Beiden mussten lernen die Gebärden des anderen zu verstehen und so kam es das die Amie irgendwann nicht mehr bellte, denn sie merkte ja das der Chef dabei sofort über den Zaun sprang und das Weite suchte und der Kleine erkannte das sie mit ihm nur spielen wollte.
So konnten wir so manchen spielerischen Kampf zwischen ihnen beobachten und es war immer ein Erlebnis.

Unsere Ronja war im Januar 2006 mittlerweile 9 Jahre und wir wussten das sie uns irgendwann verlassen wird. Viel zu zeitig für uns aber leider nicht zu ändern. Sie hatte Lungenkrebs, diese Diagnose stand fest und wir wussten das der Zeitpunkt sie einschläfern zu lassen irgendwann passieren würde.

Vor nun zwei Wochen haben wir diesen schweren Entschluss gefasst ihr zu helfen den letzten Schritt zu gehen. Man hatte mir immer gesagt, das ich es merken würde wenn der Hund nicht mehr kann und ich hatte oft Angst das ich es vielleicht nicht mitbekommen werde. Aber man merkt es, das kann ich heute versichern. Es gibt plötzlich kleine Gesten und Zeichen die der Hund sonst nie vorher gegeben hat und du weißt genau das es soweit ist.

Was ich nun erzähle sind reine Vermutungen, es hat sich alles genauso zugetragen, aber wir haben dafür keine wissenschaftliche Erklärung..

Am Montag Abend kam der Chef ins Haus und legte sich irgendwann unter den Stubentisch, nahe bei uns aber doch nicht direkt bei seinem Herrchen wie sonst immer. Dort lag er noch den gesamten Dienstag und weil das völlig ungewöhnlich für ihn war, sind wir am Abend zur Tierärztin mit ihm gefahren.

Sie konnte nichts feststellen, gab ihm aber weil er nicht getrunken und gefressen hatte, zwei Spritzen und sagte er müsste spätestens am nächsten Morgen wieder putzmunter sein.
Wenn er sich nicht verändert, sollten wir wieder kommen und sie würde dann eine Blutuntersuchung vornehmen.
Am Mittwoch früh kam nun meine Schwiegermutter und sagte uns das die Ronja keine Nahrung mehr in sich behalten würde und so entschlossen wir uns zu dem schweren Schritt.
Alle waren tieftraurig im Haus und so kam mir der Gedanke, das der Chef das sicher schon am Tag vorher gespürt hatte, das dies kommen muss und deshalb so traurig da lag.

Am Donnerstag lief er wieder hinaus und war unterwegs. Gegen 16.00 Uhr kam die Tierärztin zu uns und als sie der Ronja die Narkosespritze gegeben hatte und diese ruhig eingeschlafen war, da kam der Chef von draußen und setzte sich auf das Sofa und war nun die ganze Zeit dabei bis die Ronja ihren Weg gegangen war.
Er lief mit durch den Garten als wir sie beerdigten und kam dann mit zurück ins Haus.

Ja und seit dem ist er nicht mehr aufgestanden. Er fraß nicht mehr, er putze sich nicht mehr, er lag nur noch da und verkroch sich am Ende in die letzte Ecke nur um in Ruhe liegen zu können.

Wir machten uns Sorgen ohne Ende und versuchten Informationen im Internet zu finden ob denn Katzen trauern können. Die Tierärztin verneinte das zwar, aber wir fanden Berichte in denen davon erzählt wurde.

Ich schrieb den Schweizer Tierarzt Prof. Dr. Schiftan an, der diesen o.g. Artikel verfasst hatte und er bestätigte meine Vermutung. Das Katerchen trauert und muss mit viel Liebe und Zuwendung behandelt werden.
Dann rief ich eine andere Tierarztpraxis an, um mir eine weitere Meinung einzuholen und dort erzählte mir eine Homöopathin das bei der Trauerbewältigung Bachblüten helfen können.

Auch das versuchten wir. Er trank nur noch Wasser und machte sein Geschäftchen im wieder eingerichteten Katzenklo aber ansonsten blieb er unverändert.
Nicht einmal die Amie konnte ihm helfen, sie schleckte ihn zwar ab von oben bis unten aber es half alles nichts.

Am Mittwoch Nacht gaben wir ihm kurz vor Mitternacht wieder die Tropfen und ich sagte heulend zu meinem Mann das die Tierärztin Donnerstag kommen muss, denn so geht das nicht weiter, so stirbt uns der Kleine.

Mit diesem Gedanken ging mein Andi ins Bett mit dem Katerchen im Arm.
Ich war mit Amie noch einmal draußen, da hörten wir plötzlich ein Tier schreien, es klang wie ein Käuzchenruf. Die Amie bellte und lief ins Haus an die Schlafstubentüre und ich lies sie auch hinein.

Tja und dann kam mein Andi heraus mit dem Chef im Arm und sagte das er eben gestorben ist. Es war für uns entsetzlich. Genau eine Woche nach Ronja Tod hat uns auch das Katerchen verlassen.

Tiere trauern, das glauben wir.
Es kann nun sein, das eine in ihm schlummernde Krankheit durch den erlebten Stress zum Ausbruch gekommen ist.
Die Symptome wie er starb geben eventuell einen Rückschluss auf einen Schlaganfall sagt die Tierärztin.

Wir wissen es aber nicht.
Um dies genau feststellen zu lassen, hätten wir das Katerchen in einem tiermedizinischen Institut obduzieren lassen müssen. Aber wir hätten ihn dann nicht mehr zurück bekommen um ihn ebenfalls bei uns beerdigen zu können.
Die beiden Tiere haben zusammengehört und so haben wir ihnen auch einen gemeinsamen Platz in unserem Garten gegeben.

Auf Ronjas Tod konnten wir uns ein dreiviertel Jahr vorbereiten, er war abzusehen. Aber das unser Katerchen auch gehen wird, das hat niemand auch nur geahnt.

Zu einem anderen Zeitpunkt hätten wir nicht einen Tag gezögert, diese Blutuntersuchung machen zu lassen, aber so war eben der Gedanke an die Trauer in uns.

Jeden Tag, wenn ich jetzt nach Hause komme geht mein Blick zuerst ins Büro an die Stelle wo er immer lag. Oft schau ich zur Terrassentüre um ihn zu entdecken. Ich weiß nicht, ob das irgendwann einmal nachlassen wird, ich weiß nur er fehlt mir, er fehlt uns allen ohne Ende.

Ich glaube einfach heute, das dies alles so sein sollte..., die Beiden waren ein Herz und eine Seele. Ich glaube auch, das Tiere tausend Mal mehr spüren als wir Menschen wie es um einander bestellt ist, sie erleben es auf ihre Art und leben es auf ihre Art und ich weiß das der Chef einfach an seinem gebrochenen Herzen um die geliebte Freundin gestorben ist.

Mari im Januar 2006