Life-Interview ...

Janik:
Meine Faszination für Geographie liegt in erster Linie an der großen Vielfalt an Themenbereichen, die dieses Fach umfasst. Es ist ein sehr allgemein bildendes Studium, das sowohl sozialwissenschaftliche als auch physiogeographische Elemente beinhaltet.
Ich habe während meiner Schulzeit bereits in mehreren Ländern gelebt und dort unterschiedliche Kulturen und Landschaftsräume kennen gelernt. Diese Erfahrungen wollte ich auch weiterhin machen und das Geographie-Studium ist dafür ideal geeignet.
Als Studienort wählte ich Graz in Österreich, wo mich die Hochgebirgs- und Klimaforschung des Geographieinstitutes  besonders interessierte - und natürlich auch die tolle Landschaft mit den Ostalpen im Norden und den idyllischen Weinbergen im Süden!

blue morning

Janik:
Die Idee ein Auslandsemester auf Spitzbergen zu verbringen entstand bereits am Anfang meines Studiums als ich im "Spiegel" einen Artikel über die dortige Polaruniversität Unis in der norwegischen Siedlung Longyearbyen (ca. 1700 Einwohner) gelesen hab. Sowohl die Polarforschung als auch der ausgefallene Studienort haben mich begeistert.
Ein Freund aus Graz war inzwischen auch auf Spitzbergen gewesen und hat mir tolle Landschaftsbilder von seinem Aufenthalt gezeigt und abenteuerliche Geschichten erzählt.
2 Jahre später hab ich es dann durchgezogen und bin für 6 Monate nach Spitzbergen gezogen. Dort entstand auch die Idee einer Diplomarbeit über Gletscher auf Spitzbergen.

Longyeardalen

Janik:
Ich bin Mitte Februar auf Spitzbergen angekommen. Da war die 3-monatige Polarnacht gerade zu Ende und zur Mittagszeit war es bereits leicht dämmerig. Von der Landschaft war allerdings noch nicht viel zu sehen.
Für mich ging gleich mein erster Kurs über Glaziologie los. Der erste Tag bestand jedoch nur aus einem Sicherheitstraining. Dieses bestand aus einem Schießtraining (wegen der Eisbärgefahr - dazu unten mehr) und Schneemobiltraining.

Fjordeis

Die Stimmung an der Uni war toll! Die Studenten hier kommen aus aller Welt: Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland, Deutschland, Österreich, Spanien, Russland, Polen, England, USA, Australien... ein Student kam sogar aus Kamerun. Er war aber meist nur "indoors" anzutreffen, denn draußen war es ihm "too damn cold!". Einheitssprache unter den Studenten ist da natürlich Englisch.

Artic Camping

Am Wochenende geht's hinaus in die Berge. Beliebt bei den Studenten sind v.a. die Skitouren auf den zwei "Hausgletschern" (zu Fuß nur 5min vom Studentenheim entfernt) und umliegenden Bergen, Touren mit dem Schneemobil und Eisklettern in den Gletscherkanälen (sind im Winter begehbar). Da heißt es dann warm anziehen, denn bei unter -20 Grad Celsius und starkem Wind kann es schnell zu "frost bites" (Erfrierungen) kommen.

Hier gibt es Infos zum aktuellen Wetter auf Spitzbergen:
Spitzbergenwetter oder Wetterstation in Adventdalen

Janik:
Es gibt heute noch zwei Dauersiedlungen auf Spitzbergen. Die norwegische Siedlung Longyearbyen und die russische Siedlung Barentsburg. Ich habe in der norwegischen Ortschaft gewohnt, welche deutlich reicher und besser ausgestattet ist.
Hier lassen sich grob 3 Gruppen einteilen:
- die Bergbauarbeiter, welche die meiste Zeit im Bergwerk von Svea (ca. 60km von Longyearbyen) arbeiten
- die Einheimischen (in Longyearbyen wohnend), welche v.a. vom Tourismus und administrativen Tätigkeiten (auch Schule, etc.) leben und zuletzt
- die Professoren und Studenten der Universität.
Da alle auf engstem Raum zusammenleben sind soziale Bindungen auf Spitzbergen besonders wichtig.

Svalbard Cabins

Die besonderen Beleuchtungsverhältnisse spiegeln sich natürlich auch im Alltag wieder. Im Winter herrscht 3 Monate völlige Dunkelheit (Polarnacht), dafür geht im Sommer 3 Monate lang die Sonne nicht unter (Mitternachtssonne).
Besonders anstrengend fand ich persönlich jedoch die Übergangszeit. Teilweise wird die Sonnenscheindauer von Tag zu Tag um 20 min länger. Das macht in einer Woche schon über 2 Stunden Unterschied! Da verliert man sehr schnell mal das Zeitgefühl.
Sehr lustig ist das Sonnenfest in Longyearbyen im März, wenn die ersten Sonnenstrahlen des Jahres (natürlich nur bei schönem Wetter) auf den Ort scheinen. Eine Woche lang gibt es diverse Kinderfeste, Live-Musik und Partys.

Janik:
Natürlich hatte ich großen Respekt vor den Eisbären! Das ist normal! Sie sind wilde Tiere, die das Zusammenleben mit Menschen nicht gewohnt sind.
Wenn wir uns in ihrem Lebensraum bewegen, müssen wir ihnen mit Respekt begegnen. Zwischenfälle mit Eisbären sind zwar selten, aber sie kommen vor und enden mitunter auch tödlich. Daher ist es auf Spitzbergen Vorschrift bei Verlassen der Ortschaft ein Gewehr (am besten halbgeladen) mit sich zu führen. Innerhalb der Ortschaften dürfen Gewehre natürlich nur ungeladen transportiert werden.

Vor Beginn eines Kurses an der Uni gibt es ein Schießtraining, bei dem man lernt mit den Gewehren umzugehen.
Am Anfang kommt einem der tägliche Umgang mit Gewehren noch sehr fremd vor. An der Uni gibt es z.B. in der Garderobe neben den Mantelhaken auch eigene Abstellplätze für die Gewehre. Bei manchen gibt es diese auch im Kleiderschrank im Studentenzimmer.
Mit der Zeit gewöhnt man sich jedoch an das Gewehr als Teil des Alltags.
Walross
Auf längeren Wandertouren mit dem Zelt ist neben dem Gewehr auch ein "Stolperdraht" sinnvoll, den man mit mehreren Metern Abstand um das Zelt spannt. Sollte ein Eisbär zu Nahe ans Zelt kommen und den Stolperdraht berühren, macht es einen mächtigen Knall und man wacht auf und sollte schleunigst zum bereitliegenden Gewehr greifen und nachschauen.
Ich selbst habe drei Bären in 6 Monaten gesehen. Zwei im Frühjahr in der Nähe der Uni und einen im Sommer auf einer Wanderung. Sie waren jedoch immer ausreichend weit entfernt, so dass keine unmittelbare Gefahr bestand.

Freunde von mir wurden auf einer Wanderung jedoch über mehrere Tage von einem Eisbären verfolgt. Da fällt es einem natürlich schwer Nachts ein Auge zuzubekommen ...